Die Chipkrise Teil II: Was Händler jetzt tun sollten – Interview mit Derek Finke

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Im ersten Teil unserer Reihe zur Chipkrise haben wir berichtet, wie es zur derzeitigen Verknappung von Mikrochips kommen konnte und welche Auswirkungen das auf die Automobilindustrie hat. 

Jetzt wollen wir einen genaueren Blick darauf werfen, wie die Chipkrise Händler, Vermieter, Flottenanbieter und auch Leasingfirmen trifft und welche Möglichkeiten es gibt konstruktiv mit der Krise umzugehen. Dafür haben wir uns einen fachkundigen Experten ins Haus geholt: Autohaus Digitalisierer Derek Finke. 


2trde: Derek, danke, dass Du Dir Zeit für uns genommen hast. Man liest ja ständig alarmierende Berichte über die Auswirkungen der Chipkrise auf die Automobilbranche. Wie schätzt Du die Effekte ein, gerade auch im Hinblick auf das Remarketing?


Derek Finke: Im Grunde genommen sind zwei Bereiche betroffen: Der Handel mit Neuwagen und Gebrauchtfahrzeugen sowie das Remarketing im B2B-Bereich. 

Bei Neuwagen ist die Liefersituation natürlich frustrierend, insbesondere angesichts einer sehr hohen Nachfrage. Die Unzufriedenheit steigt – bei Kunden und Verkäufern. Die meisten Verkäufer erhalten ihre Provision erst, wenn die Fahrzeuge ausgeliefert werden. Wenn Lieferzeiten nicht bestätigt werden oder auf zwei Jahre angesetzt sind, gibt es auch erstmal kein Geld. Das hat schnellen und direkten Einfluss auf die Lebenssituation einzelner Menschen und auf deren Motivation. Wenn die Verkäufer ihr Glück lieber in anderen Branchen suchen, wer verkauft dann Autos wenn die Chipkrise vorbei ist? 

Der Mangel an Fahrzeugen hat jedoch auch Effekte auf den Gebrauchtwagenmarkt: Menschen, die einen Neuwagen kaufen wollten, aber keinen bekommen, sehen sich vermehrt nach Gebrauchtfahrzeugen um. Die Nachfrage steigt, die Preise steigen auch - das Angebot wird ja nicht größer.

Viele Händler haben ihren Fahrzeugbestand inzwischen halbiert. Das ist toll für die Liquidität. Doch es handelt sich um totes Kapital, nicht selten belegt mit Strafzinsen. Es kann nicht reinvestiert werden, weil es schlicht an Handelsware mangelt. 

Remarketing ist ja für die meisten Händler ein Absatz- und Beschaffungskanal, sozusagen ein Geben und Nehmen. Ware, die nicht an Endkunden verkauft werden kann, wird an andere Händler mit anderer Strategie verkauft, im Gegenzug wird häufig auch von anderen Händlern passende Ware zugekauft. Leasingverträge werden verlängert, Autos in Flotten werden länger gehalten. Es gibt kaum junge Gebrauchtwagen und auch die Lager mit älteren Fahrzeugen werden zusehends leerer. Händler können sich nicht mehr eindecken und auch von Autovermietern und Leasinggesellschaften ist erstmal kein Nachschub zu erwarten. 

Insgesamt ist das für jeden Händler eine schwere Situation. Da liegt der Vergleich zur Mangelwirtschaft in der DDR nahe. Dazu kommt, dass viele Händler sich von den Herstellern alleingelassen fühlen. Bestellungen werden einfach storniert und Versuche der Kommunikation mit den Herstellern stoßen oft auf taube Ohren. Die Hersteller, die die Krise mitverursacht haben, sollten meiner Meinung nach wenigstens zur Abmilderung beitragen, mindestens mit einer transparenten Kommunikation.

2trde: Gibt es denn Deiner Meinung nach auch Gewinner in der Chipkrise? 

Derek Finke: Im Prinzip gewinnen alle, die über stabile Preise froh sind. In gewissem Sinne trifft das auch auf Autohändler zu. Die hohe Nachfrage geht mit steigenden Preisen einher, Fahrzeuge können also jetzt zu besseren Preisen verkauft werden. Ein Stück weit profitieren also Autohändler von der Chipkrise, wenngleich das nur ein schwacher Trost ist.


Das bisschen mehr Profit gleicht den Mangel an Neugeschäft und die dadurch entgangenen Gewinne nicht aus. 

Autovermieter und Anbieter von Abo-Modellen könnten etwas mehr profitieren: Auch hier ist wenig Ware vorhanden und die Flotten werden kleiner. Aber die Nachfrage ist groß und die Preise werden steigen. Sixt hat seine Jahresprognose bereits angehoben und rechnet mit höheren Erträgen. 

2trde: Gibt es trotzdem etwas, was Händler jetzt tun können, um besser mit der Situation umgehen zu können?

Derek Finke: Der Blick in die Glaskugel ist immer etwas schwierig. Deutlich wird jedoch, dass die Problematik für alle gleich ist. Früher hat sich bei lokalen Krisen der Blick ins Ausland gelohnt. Fahrzeuge, die hier gefehlt haben, ließen sich vielleicht in Europa finden. Bei der derzeitigen Chipkrise ist das nicht der Fall, hier ist die ganze Welt betroffen. In meinen Augen ist eine kurzfristige Lösung nicht absehbar. 

Wäre ich Händler, würde ich die Zeit jetzt nutzen und mich als Unternehmer intensiver mit mir und meinem Unternehmen beschäftigen. Also eher am Unternehmen arbeiten. Was ist liegengeblieben? Wie kann ich sinnvoll in die Zukunft investieren? Themen wie Digitalisierung und persönliche Weiterbildung würde ich jetzt angehen. Welche Maßnahmen sollte ich ergreifen, um Verkäufer zu halten? Neben wirtschaftlicher Unterstützung helfen hier vielleicht auch Coachings oder Weiterbildung zum Thema Leadership. 
Auch die Ausrichtung des eigenen Unternehmens gehört jetzt auf den Prüfstand. Ist meine Strategie zukunftsorientiert? Wenn bald weniger der Preis entscheidet, dass Kunden zu mir kommen sollen, wie kann ich dafür sorgen, dass Kunden dann zu mir finden und nicht zum Wettbewerb? Unerschlossene Kanäle würde ich jetzt anpacken. Z. B. die Kommunikation mit Bestandskunden. Viele Menschen außerhalb unserer Branche wissen nichts über die Chipkrise und die Auswirkungen. Händler können hier Aufklärungsarbeit leisten. Das stärkt das Vertrauen.  Zudem würde ich als Händler aktiv den Ankauf von privat aktivieren. Es gibt immer Menschen, die ihr Auto verkaufen wollen, jedoch kein neues brauchen. Dafür gibt es z. B. Software, die Autobörsen regional scannt und somit Angebote von privat in meinem Marktgebiet aufzeigt.

Jede Krise bietet auch die Chance, sich als Unternehmen weiterzuentwickeln. 



2trde: Danke für das Gespräch und den wertvollen Input, Derek. 

Derek Finke unterstützt Autohäuser dabei, ihren Weg in die Digitalisierung zu finden und zu gehen. Er ist Automotive Business Coach, Projektmanager und Strategieberater. Mehr über ihn finden Sie unter derekfinke.com.






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Johannes Stoffel
Geschäftsführer

Als CEO ist Johannes der innovative Antrieb von 2trde. Hier schreibt er vor allem über aktuelle Branchenereignisse, Zukunftsvisionen und disruptive Entwicklungen.